07.12.2012

Symptome I

Während Menschen mit einer Depression oder einer neurotischen Störung meistens relativ "konstante" Symptome haben, zeigt sich die PTBS bzw. Traumafolgestörung in einem bunten Strauß von verschiedenen Zuständen, die plötzlich ohne Vorwarnung über einen hereinbrechen und in jeder Situation auftreten können. "Dazwischen" sind die Betroffenen oft fast symptomlos und je nachdem, welche Seite Freunde oder Bekannte häufig mitbekommen, unterschätzen sie den Schweregrad dieser Erkrankung.
Vielleicht entsteht auch der Eindruck, es würde sich nur um eine leichte Befindlichkeitsstörung handeln und erst eine Depression wäre eine "richtige Erkrankung". An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass mir so etwas in der Art auch schon unterstellt wurde. Mittlerweile ist mir einfach klar, dass diese komplexe Erkrankung eigentlich nur diejenigen nachvollziehen können, die sie ebenfalls erleben. Dieses plötzliche Auftauchen der Flashbacks, diese unendliche Heftigkeit und Unberechenbarkeit macht diese Krankheit so extrem schwierig. 
Ich war wegen dieser Symptome und der Überwachheit zu Beginn (6 Wochen lang 2-3 Stunden Schlaf pro Nacht und 7 kg Gewichtsverlust) und danach fast ein Jahr lang nicht in der Lage, Verabredungen, Termine oder Einladungen zu Partys zuverlässig wahrzunehmen bzw. an einigen Tagen überhaupt die Wohnung zu verlassen. Das Studium musste ich abbrechen, weil dieser "Terror im Kopf" es unmöglich machte, Seminararbeiten zu erstellen. (Interessant daran ist ja die Analogie zur Unfähigkeit von Traumatisierten, das Erlebte in Worte zu fassen.)
Die Intrusionen haben mich je nach Intensität so viel Energie gekostet, dass ich froh war, die 400 Meter bis zum Bäcker zu schaffen, um nicht zu verhungern. Ich glaube, diese Beschreibungen sprechen für sich und jeder, der behauptet, diese Symptome seien auf Selbstmitleid oder selbstgewählte "Reinsteigerungsorgien" zurückzuführen, ist entweder dumm oder einfach nur ignorant. 

Es kann Ihnen also als Freund / Bekannter passieren, dass Sie sich mit einem Erkrankten verabreden und er Ihnen munter zusagt, dann aber nicht pünktlich oder gar nicht kommen kann, weil ihn beim Verlassen der Wohnung ein so heftiger Flashback ereilt hat, dass er weinend zusammengebrochen ist. Es ist für Außenstehende schwer nachvollziehbar, dass diese entsetzliche Angst / Erstarrung / Lähmung nicht unbedingt direkt etwas mit dieser Situation zu tun hat, sondern ein Gefühl triggert, was dann aus dieser eingeschlossenen Kapsel, die die traumatischen Emotionen beherbergt, herausbricht. 

1 Kommentar:

  1. Bin zufällig vorbei gegoogelt! Bravo! Nur diese eine Seite ... absolut meine tägliche Realität. Und niemand! !!! kann das nachvollziehen! Mein Therapeut weiß bescheid. Was es bedeutet - dass das JEDEN TAG UND NACHT!!!! STÄNDIG meine extreme Realität ist, erfasst er natürlich auch nicht. Meine Psychiaterin und er tun mir gut als Begleiter.in und Zeuge.in. Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe sehr, dass Sie auch ein gutes Team begleitet :-)
    KES Wien XV

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